Die Bundesregierung hat mir Wirkung zum 01.04.2020 Änderungen im Verbraucherdarlehensrecht in Art. 240 § 3 EGBGB beschlossen
Der Bundestag (25.3.2020, BT-DS 19/18110) und nachfolgend der Bundesrat (27.03.2020) haben ein Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie zunächst für den Zeitraum vom 1.4.2020 bis 30.06.2020 beschlossen (BGBl. I 2020, 569). Zivilrechtlich sind die Regelungen im Wesentlichen in Art. 240 EGBGB geregelt. Hier werden aus diesem Gesetz mit vielen Regelungen nur die Auswirkungen für Verbraucherdarlehen beschrieben. Die Regelungen zum Insolvenzrecht finden Sie hier.
Verbraucherdarlehen
Zunächst nur für Verbraucherdarlehen gem. § 491 BGB gilt folgendes:
- für Verträge, die vor dem 15.3.2020 geschlossen wurden
- können Zins- oder Tilgungsleistungen und die Darlehensrückzahlung
- die zwischen dem 1.4.2020 und dem 30.6.2020 fällig werden
- ab Eintritt der Fälligkeit für die Dauer von 3 Monaten gestundet werden
- wenn der Verbraucher aufgrund der Corona Krise Einnahmeausfälle hat, die dazu führen, dass sie in die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht mehr zumutbar ist.
Nicht zumutbar ist ihm die Erbringung der Leistung insbesondere dann, wenn sein angemessener Lebensunterhalt oder der angemessene Lebensunterhalt seiner Unterhaltsberechtigten gefährdet ist.
Die Regelung gilt nur für Verbraucherdarlehen im Sinne von § 491 BGB. Damit sind Förderkredite (z.B. der KfW) oder Leasingverträge nicht von dieser Regelung betroffen. Für Leasing-Verträge kann aber Art. 240 § 1 in Betracht kommen. Der Verbraucher muss Darlehensnehmer sein, so dass Verträge, bei denen der Verbraucher Darlehensgeber ist, z.B. bei Sparverträgen nicht umfasst sind.
Die Vertragsparteien können abweichende Vereinbarungen treffen, z.B. über Teilleistungen, Ratenanpassungen oder Umschuldungen.
Abweichungen zu Lasten des Verbrauchers sind nicht zulässig.
Grundsätzlich bedeutet die Stundungsregelung, dass die eine Zahlung, die am 1.5.2020 fällig wird, dann 3 Monate später, also am 1.8.2020 fällig wird. Dies hätte zur Folge, dass am 1.8.2020 dann also 2 Darlehensraten fällig werden. Um dies zu vermeiden, hat der Gesetzgeber in Abs. 5 vorgesehen, dass sich die Vertragsdauer insgesamt um 3 Monate verlängert, wenn keine anderslautende Vereinbarung mit dem Darlehensnehmer getroffen wird.
Der Darlehensgeber soll dem Verbraucher ein Gespräch über eine einvernehmliche Regelung und mögliche Unterstützungsmaßnahmen anbieten. Hierfür können auch Fernkommunikationsmittel (Telefon, Internetseite) genutzt werden. Hier soll die Möglichkeit eingeräumt werden, individuelle Lösungen mit dem Kunden zu vereinbaren.
Das bedeutet auch, dass Zahlungen jederzeit erfolgen können.
Der Darlehensgeber stellt dem Verbraucher dann eine Abschrift des Vertrags zur Verfügung, in der die vereinbarten oder sich gesetzlich ergebenden Vertragsänderungen berücksichtigt sind.
Sollten dem Darlehensgeber diese Maßnahmen durch die Auswirkungen der Coronakrise verursachten Änderungen der allgemeinen Lebensumstände unzumutbar sein, gelten die vorgenannt beschriebenen Regelungen nicht. Dies soll nach der Gesetzesbegründung aber nur in absoluten Ausnahmesituationen gelten, wenn z.B. der Kunde sich gravierender schuldhafter Pflichtverletzungen gegenüber dem Darlehensgeber schuldig macht. Zum Beispiel, wenn er betrügerisch falsche Angaben macht oder vertragswidrig Sicherheiten veräußert.
Abs. 7 regelt zudem, dass bei mehreren Darlehensnehmern, wie es häufig bei Eheleuten der Fall ist, die Voraussetzungen für die Stundung nur bei einem Darlehensnehmer vorliegen muss.
Ermächtigung der Bundesregierung zur Ausdehnung auf KMU
Die Bundesregierung wird ermächtigt, diese Vorschriften auch auf Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen bis 250 Mitarbeiter und 50 Millionen € Umsatz durch Rechtsverordnung auszudehnen. Dies ist aber bisher nicht geschehen.
Eigene Bewertung der Regelungen
Die Regelungen sind teilweise mit unbestimmten Rechtsbegriffen bestückt, die in der Auslegung Schwierigkeiten bereiten werden.
Welche Verbraucher sind betroffen?
Denn welche Verbraucher sind gemeint mit „von der Coronakrise betroffen“. Die kurze Gesetzesbegründung (BT-DS 19/18110) suggeriert, dass nur die unmittelbar von den Allgemeinverfügung betroffenen Verbraucher gemeint sein sollen. Letztlich sind aber alle unmittelbar oder mittelbar von diesen besonderen Ereignissen betroffen.
Die Frage des angemessenen Lebensunterhalts wird ebenfalls einen hohen Diskussionsaufwand nach sich ziehen. Jedoch geht aus der Gesetzesbegründung hervor, dass vom Gesetz wohl nur Verbraucher gemeint sind, die ihre Darlehensraten aus dem monatlichen Einkommen entrichten. Damit sind wohl Kapitalanleger, die Immobilien zur Vermietung erworben haben, nicht gemeint. Bei diesen Darlehen wird die Darlehensrate regelmäßig aus den monatlichen Mieteinkünften erbracht. Diese Mietzahlungen können aber aufgrund der weiteren gesetzlichen Regelungen zum Mieterschutz bei Corona-Betroffenen ebenfalls verweigert werden, ohne dass der Vermieter eine Kündigung aussprechen kann. Damit können auch diese Darlehensnehmer mittelbar betroffen sein. Die Gesetzesbegründung sagt zu diesen Fällen nichts aus.
Weiter ist auch die Frage zu klären, welche Nachweispflichten der Kunde hat und ob er seine
Sind während der Stundungszeit Zinsen zu entrichten?
Diese Frage ist zur Zeit unter Fachleuten sehr umstritten. Aus der Gesetzesbegründung kann man Argumente sowohl für als auch gegen die Verzinsung in dem Stundungszeitraum finden. Für die Kreditinstitute ist dies kaum zumutbar, da auch sie ihre wesentlichen Einnahmen aus Zinsen generieren und ebenfalls weiterlaufende Kosten, wie z.B. der Refinanzierung haben, die sie erfüllen müssen. Es wäre somit eine Abwälzung der Krisenfolgen sehr einseitig zu Lasten der Banken.
Es bleibt abzuwarten, ob hierzu noch Auslegungshinweise oder eine gesetzgeberische Konkretisierung erfolgt.
Was ist genau mit Abschrift des Vertrages gem. Art. 240 § 3 Abs. 5 S. 3 EGBGB gemeint?
Das Gesetz sieht vor, dass die Änderungen des Vertrages durch eine Abschrift an den Darlehensnehmer kommuniziert werden müssen.
Es ist damit nicht klar, ob der Verbraucher damit eine komplett neue Vertragsdokumentation erhalten soll, auch wenn keine individuelle Vereinbarung getroffen wurde, sondern nur die gesetzlich vorgesehene Verlängerung von 3 Monaten eintritt. Hier würde es sicherlich genügen, wenn der Kunde einen geänderten Tilgungsplan erhält.
Muss der Darlehensnehmer die Stundung explizit beantragen?
Diese Frage ist anhand des Gesetzes nicht eindeutig zu beantworten, da es sich ja um eine gesetzliche Stundung handelt. Da Zahlungen aber gleichwohl möglich sind und auch die Darlehensschuld reduzieren, ist dies nicht ganz klar.
Da aber die Stundungsregelung nur für Kunden gilt, die von der Corona-Krise betroffen sind und ihren Lebensunterhalt bei Zahlung der Darlehensraten nicht mehr gewährleisten können, wird man von einer Antragstellungspflicht des Darlehensnehmers mit Nachweisen über die Voraussetzungen verlangen müssen.
Fazit
Eine so rasche Regelung zugunsten der Darlehensnehmer ist begrüßenswert. Jedoch besteht noch in einigen Punkten Klarstellungsbedarf.
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