Mit Urteil vom 19.11.2020 hat der BGH (Az: IX ZR 210/19) ein gläubigerfreundliches Urteil zu dem Schicksal von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen (PfÜB) gefällt.

Danach wird ein während der Insolvenz schwebend unwirksamer PfÜB wieder voll wirksam, wenn die Insolvenz endet, ohne dass der gepfändete Vermögensgegenstand verwertet wurde oder der Insolvenzverwalter/Treuhänder diesen Vermögensgegenstand freigibt. Eine erneute Zustellung ist nicht erforderlich.
Auch die sog. Rückschlagsperre nach § 88 InsO beseitigt den PfÜB nicht.

Sachverhalt

In dem entschiedenen Fall wurde einer Lebensversicherungsgesellschaft ein PfÜB zur Pfändung einer für den Schuldner geführten Lebensversicherung am 15.11.2006 zugestellt. Am 01.12.2006 beantragte der Schuldner die Insolvenz über sein Vermögen, welche am 17.01. 2007 eröffnet wurde. Die Treuhänderin gab die Ansprüche aus der Lebensversicherung frei, da sie die Pfändung dieser Ansprüche wegen § 88 InsO für wirkungslos hielt. Das Insolvenzverfahren wurde am 13.01.2011 aufgehoben, am 20.03.2013 wurde dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt

Nach Erteilung der Restschuldbefreiung am 03.02.2016 trat der Schuldner seine Ansprüche aus der Lebensversicherung an die Beklagte zu 2 ab, an die in der Folge die Versicherungsleistung in Höhe von 87.514 € ausgezahlt wurde.

Die Gläubigerin aus dem PfÜB klagte sowohl gegen den Schuldner als auch gegen die Zahlungsempfängerin auf Rückzahlung des erhaltenen Betrages.

Gründe

Der BGH hielt die Ansprüche gegen die Zahlungsempfängerin aus § 816 Absatz bei BGB aus folgenden Gründen für gerechtfertigt:

Bewertung

Mit dem Urteil hat der BGH diverse Unsicherheiten in Bezug auf die Behandlung von PfÜBs während des Insolvenzverfahrens geklärt.

Zum Verständnis des Urteils ist die Bedeutung des Begriffs der Verstrickung als typischer Begriff aus dem Zwangsvollstreckungsrecht erforderlich. Dies bedeutet so viel wie das Pfandsiegel auf körperlichen Gegenständen für Forderungen. Er stellt die öffentlich-rechtliche Beschlagnahme eines Vermögensrechts durch ein Pfändungspfandrecht dar und ist von der materiell-rechtlichen Rechtsverbindung der betroffenen Parteien zu unterscheiden. Diese öffentlich-rechtliche Beschlagnahmewirkung kann nur durch den aufgehoben werden, der sie erlassen hat. Dies ist das Gericht, das den Pfändungs(- und Überweisungs)beschluss erlassen hat.

Als Konsequenz daraus dürfen Kreditinstitute an sie gerichtete PfÜBs auch bei der Insolvenz nicht löschen, bis ihnen entweder eine Verzichtserklärung des Gläubigers oder ein Aufhebungsbeschluss des erlassenen Gerichts vorliegt

Auch für Gläubiger kann es sich lohnen, sich mit dem Schicksal der von ihnen gepfändeten Vermögenswerte während oder nach der Insolvenz zu beschäftigen.

Bemerkenswert an dem Urteil ist, dass die Rückschlagsperre gem. § 88 InsO die Wirkungen des PfÜB auch nur temporär hemmt. Das war wohl von vielen bisher anders beurteilt worden, nicht nur von der Treuhänderin in dem hier entschiedenen Fall.

Den Volltext des Urteils können Sie hier lesen.

Lesen Sie hier auch die neue BGH-Entscheidung zum Nachweisverzicht bei Grundschuldbestellungen.

 

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